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Essstörungen im Kindes- und Jugendalter

Auf dem DGVT-Kongress 2023 berichtete Tanja Legenbauer auf einem Symposium wie man "Chronifizierung verhindern" kann bei der Behandlung von Essstörungen im Kindes- und Jugendalter. Leider gibt es bei der Behandlung von Essstörungen zu viele Patient*innen, die nicht ausreichend profitieren. Die ambulante Psychotherapie gilt auch für Behandler*innen als emotional belastend, wenn durch ein niedriges Körpergewicht eine Gefährdung besteht und wiederkehrend ein stationärer Aufenthalt gegen den Willen von Patient*innen droht. Die Überlastung stationärer Kliniken macht diese Situation nicht leichter. Zusätzlich ist bekannt, dass die Gewichtszunahme durch ambulante Psychotherapie sehr schwer sein kann, da viele aufrechterhaltende Faktoren im Alltag von Patient*innen nur schwer beeinflusst werden können.



Was ist wichtig bei der Behandlung von Essstörungen? Einige Standards seien grundsätzlich:

  1. Klare Vereinbarungen über das Zielgewicht durch einen Therapievertrag

  2. Erstellen eines Ernährungsplanes zur Erreichung des festgelegten Zielgewichtes

  3. Unterstützung bei der regelmäßigen Einnahme der geplanten Mahlzeiten

  4. Regelmäßige Kontrolle des Gewichtsverlaufs

  5. Motivierung zur Gewichtszunahme

Exposition bei der Therapie der Anorexia Nervosa?

Tanja Legenbauer berichtet dann über den potenziellen Einsatz von Nahrungsexpositionen (Cue-Exposure) mit Reaktions"verhinderung" (Response Prevention) bei Anorexia Nervosa. Studien zeigen, dass dies ein hilfreiches Therapieelement sein könnte. Ein Vorgehen könne beispielsweise sein:

  • Identifikation von angstbesetzten Lebensmitteln bzw. von angstbesetzten essensbezogenen Situationen. Erstellen einer Angst-Hierarchie. Formulierung der Angst-Kognitionen / Befürchtungen.

  • Durchführung der Exposition im Rahmen der Psychotherapie-Sitzung, inklusive: Abfrage der Angstreaktion der Patient*innen (auf den Ebenen kognitiv, emotional, physiologisch, motorisch).

Das Ziel ist der Exposition ist die Neubewertung der bisherigen angstbesetzten Stimuli und die Reduktion von Vermeidungsverhalten. Insgesamt soll erreicht werden, dass Patient*innen ohne die Durchführung von Ritualen und Sicherheitsverhalten essen - schließlich nicht nur in den Therapiesitzungen, sondern auch im Alltag zwischen den Therapiesitzungen.




Attentional Bias

Prof. Dr. med. Stefanie Horndasch berichtete über Forschungsergebnisse bei Essstörungen. Eine Zunahme der Häufigkeit von Anorexia nervosa (AN) im vergangenen Jahrzehnt und eine noch nicht zufriedenstellende Rückfallrate bei Jugendlichen mit AN nach der Behandlung zeigt den dringenden Bedarf, die Grundlagen von AN noch besser zu verstehen und wirksame Interventionen zu entwickeln. Um die Therapie von Essstörungen im Jugendalter zu verbessern, wurde die Studie FRALANA begonnen (FRAnconian Longitudinal study of Anorexia Nervosa in Adolescents). Teil von FRALANA ist beispielsweise die Körperexposition (body exposure).


Dazu gehört zum Beispiel der Attentional Bias, also ein erhöhter Fokus von Betroffenen auf besonders negativ bewertete Körperregionen.




Netzwerkanalysen in der Klinischen Psychologie

Laura Derks berichtete über "Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Komorbiditätscluster psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen - eine Netzwerkanalyse". Zunächst erläutert sie den Einsatz von Netzwerkanalysen. Wenn mehrere Symptome gemeinsam vorkommen, ist die "klassische Erklärung" der Medizin, dass es eine gemeinsame Ursache gibt, eine zugrundeliegende Erkrankung, welche die verschiedenen Symptome verursache.


Durch die kategoriale Klassifikation psychischer Störungen werden implizit diese biomedizinischen kausalen Annahme gefördert. Wir wissen aber bei den Konstrukten psychischer Störungen, dass es Wechselwirkungen zwischen den gleichzeitig vorhandenen Symptomen. Ein Beispiel: Weil Patient*innen mit einer Depression sich müde fühlen (Symptom 1), können sie sich schlecht konzentrieren (Symptom 2) und sind dann oft traurig (Symptom 3). Netzwerkanalysen sind methodische und konzeptionelle Alternative zu gängigen Praktiken der Modellierung psychologischer Konstrukte, sie betrachten die Beziehung zwischen Symptomen (vgl. zur Einführung einen Artikel im In-Mind Magazin).


Wieso DBT bei Essstörungen?

Dr. Arne Bürger ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Er berichtet beim DGVT-Kongress über den Einsatz der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) bei Essstörungen, also über die 3. Welle der Verhaltenstherapie im Jugendalter (DBT-A). Zusammen mit Marcel Romanos leitet Arne Bürger beispielsweise an der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg ein Projekt zur Verbesserung der Emotionsregulation von Jugendlichen (DUDE - Du und deine Emotionen).

Arne Bürger berichtet beispielsweise über eine feste Struktur der Therapiesitzungen mit einem "crisp beginning" anhand des Tagebuches (diary card) und der Themenbearbeitung nach der DBT-Zielhierarchie. Er nennt die verschiedenen Stages der Behandlung.


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